HANS IM GLÜCK 1

"Dein Einsatz wird irgendwann auch honoriert werden." 

Schon als er noch ein Kind war hatte ihm seine Mutter immer diesen Satz gesagt. Das war an den Wochenenden, wenn er ihr die Fußnägel schneiden mußte, kurz bevor sie ihn dann zur Seite wegkickte. 

Später als Schüler brachten auch seine Freunde diesen Spruch, wenn er all ihre Fahrräder putzte. 

Es musste also was dran sein! Vorfreude hatte diese Prophezeiung stets in ihm ausgelöst, einzig das Wort “irgendwann" störte ihn ein bisschen. Danach in der Jugendgang versprach ihm der Anführer selbiges, wenn er ganz allein die schweren Bierkisten den Hang hinauf zum Treffpunkt schleppte. Hin und wieder wurde ihm sogar der Kopf gestreichelt - und die anderen nickten einander zu. 

Jetzt sollte es also endlich soweit sein, ein Brief von der Firma! Aufgeregt rannte er vom Postkasten die Treppen rauf, wobei er in die attraktive Frau aus dem vierten Stock lief. 

"Eine Nachricht von meiner Firma!“, er wedelte mit dem Briefumschlag vor ihr rum. Frau Schnittker ging kopfschüttelnd weiter. Er wedelte noch bis die Haustür zuklappte, dann sah er auf den Brief und setzte mit den Worten "Ach ja" seinen Weg fort. 

Er hatte gewusst, das seine Akkuratesse eines Tages von höherer Stelle gewürdigt wird! Von wegen “Mensch Hans, mit deinem unwichtigen Scheiß häItst du hier den ganzen Laden auf“, wie ihm etliche Mitarbeiter so oft sagten.

Kaum in der Wohnung faltete er frohlockend das Schreiben auf und überflog die Zeilen: 

......"Sie ihre spezifischen Neigungen in einer anderen Firma sicherlich gewinnbringender......an einer weiteren Mitarbeit nicht interessiert .........aufgrund Ihrer miserablen Leistungen sicherlich einsehen.... in Ihrem Fall keine Abfindung ............für Ihren weiteren Lebensweg abschließend alles Gute wünschen."

© 1999 / 2022 Mario Stresow / Francesco Slowdown